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Die Digitalkamera wird zur Lochkamera

Ich habe vor rund 40 Jahren mit dem Fotografieren begonnen. Mal mehr, mal weniger, anfänglich analog mit Verarbeitung im SW-Labor, später etwas zögernd digital. Natürlich faszinierte mich das scharfe, hochauflösende und nuancenreiche digitale Bild. Doch der Euphorie wich auch Ernüchterung: Scharf fotografieren können heute (fast) alle.

 

Auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen entedeckte ich das Prinzip der «camera obscura»: Fotografieren ohne Linse, dafür mit einem Aufsatz, der wenig Licht auf den Datenträger lässt. Die Digitalkamera wird zur Lochkamera. Die Brennweite: unspektakuläre 45 mm. Die Blende: lichtschwache f / 180, da braucht es viel Licht oder ein Stativ.

 

Die Technik wird zweitranig, dafür kommt dem Beobachten grössere Bedeutung zu. Die Fotografie wendet sich einem minimalstischen Prinzip zu. Linien und Formen bestimmen das Bildmotiv. Die Farben verschwimmen und die Fotografie wird zum Bild: Malen mit Licht.

 

Die Abbildungsqualität ist bescheiden: Die Bilder werden als unscharf empfunden, Überstrahlungen und Farbfehler verfremden sie und sich bewegende Objekte verfliessen. Dafür weisen die Fotos eine anmutige Ästhetik mit schöner Tonalität auf. Sie stehen in starkem Kontrast zu den heute gängigen scharfen Bildern moderner Kameras. 

 

Ganz ohne Technik, wie die Kameramethode suggeriert, komme ich nicht aus. Ich arbeite mit einem Bildprogramm, möglichst nach gleichen Grundsätzen wie im analogen Fotolabor: Ausschnitt wählen, Helligkeit, Kontrast oder Farben korrigieren, partiell nachbelichten oder abdunkeln. 

 

Thomas Gretener
Herbst 2021

Die Technik wird zweitranig, dafür kommt dem Beobachten grössere Bedeutung zu.

- Thomas Gretener